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Vortrag von Felix Klopotek zu Roman Rosdolsky und Paul Mattick

Freiburg, Günterstalstraße 37, Innenhof, Laterna Magika

Roman Rosdolsky und Paul Mattick: ein Briefwechsel

Der eine hat die »Neue Marx-Lektüre« inspiriert, der andere ist bekannt geworden als Kritiker von Keynes: Roman Rosdolsky (1898-1967) und Paul Mattick (1904-1981) sind im Kanon des Marxismus fest verankert. Da vergisst man schnell, dass beide über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte politisch isoliert und ohne bedeutende Publikationsmöglichkeiten waren. Mattick und Rosdolsky waren in den USA gestrandete Revolutionäre der 1920er Jahre, deren Tradition von Stalinismus und Faschismus in Tateinheit ausgelöscht war. Den Rest besorgte der Antikommunismus des Westens. Im Januar 1964 nimmt Mattick Kontakt zu Rosdolsky auf. Bis zu Rosdolskys plötzlichem Tod drei Jahre später entspinnt sich ein reger Briefaustausch. Eigentlich trennt sie Welten: Mattick stammt aus der rätekommunistischen Strömung, die sich seit ihrem frühen Ausschluss aus der III. Internationale als dezidiert antibolschewistisch verstand; Rosdolsky, in den 20er Jahren ein führendes Mitglied der westukrainischen KP, war innerhalb der Bewegung bald als (Links-)Abweichler gebrandmarkt, aber Zeit seines Lebens bezog er sich positiv auf Lenin. Als Marginalisierte konnten sie sich nicht den Luxus erlauben, in den Dogmen ihrer Schulen zu verharren. So geht der Briefwechsel von Fragen der Marx-Philologie zur Kritik des Neomarxismus, zur Selbstbefragung der eigenen revolutionären Vergangenheit und zur Einschätzung der US-amerikanischen Arbeiterklasse über. Ihre Briefe zeugen davon, wie das Ringen um die Sache selbst davor bewahrt, den Verstand zu verlieren.

Es spricht Felix Klopotek (Köln), der aktuell eine Anthologie von Rosdolskys (unveröffentlichten) Schriften vorbereitet.